Sonntag, 25. August 2013

Lohnender Masochismus: Lischana-Hütte


Sorry, es hat etwas länger gedauert bis zum nächsten Blogeintrag, aber wir mussten die Balkone sanieren - erste Abplatzungen im Beton! Das hat - mit ziemlich viel Eigenleistung - eine Woche in Anspruch genommen, und abends war ich zu groggy zum Schreiben.

Nun aber ein herrlicher Wandertipp für Masochisten (gilt nur für Flachländer; geübte Berggänger machen das mit links).

Jeden Abend sieht man von unseren Balkonen aus einen Stern zwischen den Gipfeln Piz San Jon und Piz Lischana aufleuchten und wieder verlöschen. Es sind die Lichter der Lischana-Hütte, einer SAC-Hütte oberhalb von Scuol. Ich wollte sie mir endlich mal in Natura anschauen und bin um 7.30 Uhr losmarschiert - 1000 Höhenmeter rauf und wieder runter.


Anfangs zieht sich der Weg durch einen Wald, sehr angenehm.


Flotten Schrittes werde ich überholt - ich schnappe nach einer halben Stunde Aufstieg schon nach Luft. Es gibt keine 50 m flachen Wanderweg, sondern steigt stetig und recht steil. Vor mir der erste "Riegel" im Tal. Da soll ich rauf??


Der Blick zurück entschädigt für die Mühen.


Uff, es ist wirklich nur steil. Wieso kommen Menschen auf die Idee, auf Berge zu rennen?? Ich überlege mir allen Ernstes, umzukehren.


Glücklicherweise kommt dieses Schild - nach 1 1/2 h Aufstieg. "Sie sind auf dem besten Weg zur Lischana-Hütte." So wie mir geht es wohl manchem Wanderer ...

Ich kann nicht mehr - Pause ist nötig. Ich mache ein Picknick - ziemlich am steilsten Stück; man kann den Weg nicht verlassen - zwischen Alpenrosen. Selten haben Brot und Käse so gut geschmeckt!

Nach zwei Stunden ist die Baumgrenze erreicht. Dies ist die letzte Lärche; danach nur noch Wiesen und Murmeltier-Löcher neben dem Weg. Endlich laufe ich in der Sonne. Das Leben sieht schon viel besser aus!


Der Blick zurück ist atemberaubend. Unten im Tal erkennt man Scuol; ich kann sogar mein Haus sehen.


Fast geschafft! In der Bildmitte, der "Nippel" auf dem Hügel, ist die Lischana-Hütte.


Die Hütte ist erreicht! Die silbrige Dachkante sieht man vom Dorf aus leuchten, und bei den "Sternen", die an- und ausgehen, handelt es sich um die beiden Aussenlichter. Ich bekomme eine herrliche Rösti mit Spiegelei. Mit der Aussicht auf Rösti habe ich beim Abstieg übrigens einen quengelnden Buben motiviert, der nicht mehr weitermochte ... danach jubelte er "Rösti, Rösti!" und sprang wie eine junge Geiss den Weg hinauf, sehr zur Erleichterung des Vaters!


Die Lischana-Hütte liegt in einer herrlichen hochalpinen Landschaft: zur einen Seite der Piz San Jon.


Zur anderen Seite der Piz Lischana - den kann man auch noch besteigen, wenn man fit ist; es sind nur weitere 500 Höhenmeter. Die Lischana-Hütte ist Ausgangspunkt für wunderbare Bergtouren - hinüber über das Plateau der Lais da Rims (die Seen, die nach dem Abschmelzen des Lischana-Gletschers im Sommer 2003 noch übrig geblieben sind) ins Uina-Tal (ein teils von Hand gehauener Schmugglerweg mit überhängenden Felsgalerien), zur Sesvenna-Hütte (die ist schon in Italien) oder nach S'Charl.


Und nun noch einmal der Blick hinunter nach Scuol. Ja, es ist so steil wie es aussieht. 2 3/4 h habe ich gebraucht; für den Rückweg nochmal 1 1/2 h; eigentlich eine Kleinigkeit. Meine Beine waren anderer Meinung - Treppensteigen war einige Tage sehr schmerzhaft. Trotzdem: zur Lischana-Hütte werde ich wieder laufen; es ist die schönste Bergtour, die ich bisher im Unterengadin gemacht habe.

Donnerstag, 8. August 2013

Der Hängebrückenweg

Auf geht's zur leichten Wanderung ins verwunschene Val Sinestra! Am einfachsten nimmt man von Scuol aus das Postauto direkt ins Val Sinestra (fährt nur im Sommer; Abfahrt Bahnhof: 08.10, Hotel Belvedere 08.12; im letzten November habe ich die Wanderung schon mal gemacht und konnte dann nur bis Sent (Nachbardorf) fahren. Ich bin dann ins Val Sinestra gelaufen; die Wanderung wird so 1 1/2 h länger).

Bereits der Weg ins Val Sinestra ist abenteuerlich. Rechts ist die Brancla-Schlucht, links sind hohe, baumbestandene Hänge. Dazwischen der Weg, der kaum breit genug ist für ein Postauto. Manchmal hängt man schier über der Schlucht - die einheimischen Chauffeure meistern aber alles!


Mitten im Tal thront das alte Kurhaus des Val Sinestra (oben auf dem Foto). Es ist ein verwunschenes Hotel - plüschig, alt, romantisch, unheimlich - es soll spuken. Es wird im Sommer und im Winter vor allem von holländischen Gästen besucht - warum, weiss keiner. Von der Postauto-Haltestelle geht man aber nicht ins Hotel, sondern wendet sich nach rechts, Richtung Fluss.

In dieser Badewanne unterhalb des Kurhauses, ganz nahe an der Brancla, wird das Wasser der berühmten Ulrich-Quelle aufgefangen. Scuol ist reich an Heilquellen, und die des Val Sinestra sind einzigartig. Es handelt sich um einen Arsen-Eisen-Säuerling, dem Heilkräfte vor allem bei Gelenkserkrankungen zugeschrieben wurden. Das Hotel war einst ein berühmtes Kurhaus. Das Wasser der Ulrich-Quelle soll übrigens auch bei Langzeit-Einnahme nicht schädlich sein, trotz Arsengehalt. Ich hab's natürlich gleich als "Wanderwasser" abgefüllt!


Dann geht es über den Fluss, einen kleinen Wanderweg talaufwärts, etwas oberhalb des Flussbettes der Brancla. Es ist eine schöne, leichte Wanderung, die auch mit Kindern gut zu machen ist. Eine besondere Attraktion sind die Hängebrücken! Es gibt zwei davon, und sie dürfen von max. 5 Personen gleichzeitig begangen werden - und sie schaukeln. Kein Problem, ich find's lustig, aber nicht alle ... wir haben eine Familie aus Österreich getroffen, die uns fast verzweifelt fragte, ob es denn noch mehr Hängebrücken gibt ...

Am Fluss sieht man eine Menge Steinmännli, an den Hängen gelegentlich Gemsen (leider ist mein Foto nicht gut genug geworden). Nach ca. 1 1/2 h gemächlich bergauf wandern kommt man zum Hof Zuort.


Hof Zuort ist ein Gutshof, Restaurant mt Übernachtungsmöglichkeit, hat eine Kapelle mit Glockenspiel, das ein von den Nazis verfolgter Komponist hier im Refugion entwickelt hat. Für die, die dran glauben: Zuort ist auch ein "Kraftort". Wir haben aber nicht in Zuort gegessen, sondern sind noch eine halbe Stunde weitergewandert zur Alp Griosch.


Die Alp Griosch liegt weit hinten im Tal auf 1800 m Höhe, der Anstieg ist aber ganz gemächlich. Weiter laufen kann man zur Heidelberger Hütte, oder den alten Schmugglerpass nach Samnaun überqueren. Die Alp Griosch wurde im Jahr 1620 verlassen; die derzeitige Alp-Familie ist die erste, die seit fast 400 Jahren wieder das ganze Jahr hier oben wohnt. Es gibt ein wunderbares Gärtli, und alle Produkte, vom Rosen- und Lärchenzapfensirup über diverse Kuchen bis zum Zimtfladen sind hausgemacht. Der Service ist aufmerksam und liebevoll - sehr zu empfehlen!

Wir haben uns dann überlegt, ob wir mit Trottinetts (wie heisst das auf deutsch? Roller?) bis Vna (Postautostation) fahren; man kann sie auf der Alp Griosch mieten und einfach an der Postautohaltestelle abstellen. Ich habe aber die Verletzungen gesehen, die sich unsere letzten Gäste nach einem Sturz mit dem "Trotti" zugezogen haben und habe dankend verzichtet ... Ich brauch' für so etwas Ganzkörperbeleidung und nicht nur leichte Wanderhosen!

In 1 1/2 Stunden läuft man dann auf einem fast ebenen Alpsträsschen zurück nach Vna. Dort fährt das Postauto um 13.15. Ca. um 14.00 Uhr ist man dann in Scuol. In Vna habe ich noch dieses idyllische Katzenstilleben entdeckt.